News: Schriftzug: "Die ganze Welt bescheisst - lass uns doch ehrlich sein" auf einer Straßenwand mit den Schatten der Moderatoren

pic_konzert_jandelay_schleyerhalle_2010Die Nordlichter Jan Delay und das BO (als Vorgruppe mit DJ Mad von den Beginnern) wagten sich am 19. März in den Süden Deutschlands. Die Stuttgarter Schleyerhalle wollten beide im Rahmen der „Wir Kinder vom Bahnhof Soul Tour“ rocken und gleichzeitig auch Live-Aufnahmen machen. Ein Top-Konzert (Bilder) mit Startschwierigkeiten.


Die knapp 6000 Leute aus allen Altersgruppen füllten die zur Hälfte abgehängte Halle fast aus und machten auch optisch durch die Outfits klar, das hier wird kein reines HipHop Ding… Die Halle füllte sich langsam. Während die Partyleute es sich auf dem Hallenboden vor der Bühne gemütlich machten, füllten sich auch die Ränge links und rechts davon mit den eher zuhörenden Peeps. DJ Mad, der vorab zur Einstimmung gut auflegte, entlockte bei beiden Fraktionen schon den ein oder anderen Kopfnicker.

Das Bo machte dann den Anfang. Aber was war das? Sorry, Bo, wir waren zwar unweit vom Gelände des zweitgrößten Volksfestes – das rechtfertigt aber nicht diesen Auftritt. Mit einfachen Tonfolgen und (nennen wir das mal) „Gröhlhooks“ für Stimmung zu sorgen. Arm!
Reime aus der Konserve, nach dem Muster „Haus, Maus, Raus,…“ – dazu bekannte Refrains nachsingen (PUR glauben wir erkannt zu haben). Ein Schema, dass in einem Festzelt oder am Ballermann aufgehen mag, aber das Publikum feierte in Stuttgart nur kurz und auf Zuruf mit (Mitleid?) – wir ließen es ganz. Das Bo war schon immer ein Partyclown, keine Frage. Aber seine Alben mit den „Fünf Sternen“ oder auch Solo hatten immer Style. Kein Wunder, das bei „türlich, türlich“ noch am meisten ging.

Offene Zeile an Bo:
Wir hoffen, du hast selbst gemerkt, so ist beim (Stuttgarter) Publikum nichts zu holen. Klar Bo, du sagst HipHop verändert sich – das ist sicher richtig, aber ob es in diese Richtung gehen soll?! Mal ehrlich, willst du das selbst?

Bei den ersten Takten von Jan Delays Band Disko No. 1, welche nach einer halben Stunde Bo die Bühne betraten, wusste man aber – der Abend hat trotzdem Potential!

Jan Delay hatte die Crowd von der ersten Minute an fest im Griff und rockte mit uns vom Feinsten. Tracks, vornehmlich aus dem aktuellen Album, ließen das Disko, Funk, Whatever Fieber schnell ansteigen. Auch wenn viele Tracks Message haben, das Puplikum zu rocken war heute wichtiger als deepe Weisheiten los zu werden. Deshalb ging bei der Konversation mit dem Puplikum weniger um die kritischen Texte der gespielten Tracks „Kommando Bauchladen“ oder natürlich auch „Oh Jonny“, als viel mehr um Stuttgart, Fußball und unseren Ex-Ministerpräsidenten und seinem feinen Slang im Englischen 😉

Yeah, viel vergessen auf den Konzerten, einfach mit den Leuten zu reden! Aber Interaktivität schafft den Unterschied zum Fernseher – auch deshalb tanzte Herr Delay mit uns den „Axel Schulz“ oder spielte „Freeze“… das freut die Peeps unterhalb der Bühne und das machte wiederum den Leuten des „Showgeschäfts“ sichtlich Spaß!

Auch die Einspieler aus der weiten Welt der Musik machten Spaß, weil sie einfach textlich verarbeitet und neu arrangiert wurden (einfach anders als vorher beim Bo). Auch hier hatten wir die Backstreet Boys, MC Hammer und die fantastischen Vier (ich bin mir sicher es gehört zu haben) untergemischt bekommen – unser Fall ist es nach wie vor nicht, aber wenn es mit Stil passiert durchaus für nen Lacher gut.

Was während dem Konzert auch besonders auffiel – Die (Licht-) Techniker haben sich für die Show einiges ausgedacht. Mit relativ einfachen Mitteln (Scheinwerfer, Projektor und Leinwänden) schaffte man ein abwechslungsreiches Bühnenbild. Das sorgte auf jeden für Atmosphäre und war mal nicht der Standard nullachtfünfzehn-Standardlichtkegel auf den MC und ein paar bunte Lichter außen herum. Klar, das macht Texte und Beats auch nicht besser, aber wenn die Stimmen dann ist das einfach ein Sahnehäubchen…

Das die Beats auch live passten, lag natürlich an der Disko No. 1! Sicher in jedem Ton – Bläser, Schlagzeug und Bass groovten extrem tanzbare Sachen zusammen ohne verbissen oder zu routiniert zu wirken. Dazu die 3 Backgroundsängerin, die keinen Einsatz verpassten und immer etwas Choreo drauf hatten! Dickes Kompliment! Der einzige, der ab und zu was verpeilte, war der Ex-Beginner höchstpersönlich. So forderte er nicht nur „einen wunderschönen Applaus für die fetten Ladies“ – genialer Wortverdreher, den er aber noch retten konnte. Auch sonst hatte er während den Liedern, wenn auch kaum hörbar, Aussetzer drin. Hätte nicht gestört, da eh alle mit Feiern beschäftigt waren – aber er wollte ja eine Live-Aufnahme haben…

… so endete das Konzert offiziell nach der zweiten Zugabe, Jan Delay lud aber alle noch zum dableiben ein, wenn er ein paar Songs nochmal spielen wird um sie für die Aufnahme zu perfektionieren…

Das hatten wir noch nie. Viele hatten genug, aber ein geschätztes Drittel hatte noch Bock weiter zu machen. Für das Album spielte man nochmal ein, unter anderem das erste Lied. Sehr nice! Jan Delay lud nochmals ein und fragte ob man Lust habe heute Abend party zu machen… sehr strange 😉 Schön, wie er das ganze aber selbst gekonnt verarschte, ohne das es auf dem Mitschnitt auffallen wird. Beispielsweise als er uns beim „Axel Schulz“ bestätigte: „Yeah, ihr habt es drauf, als ob ihr das schon mal gemacht hättet!“

Das ganze war fast noch schicker, als der eigentliche Gig. Alles war viel lockerer, ähnelte etwas einer Open-Mic-Session aber natürlich mit perfekten Einsätzen. Aber der Charme des ganzen war unübertroffen. Jan Delay konnte sich während eines Tracks ne Zigarette anzünden oder die Backroundladies zogen die hochhackigen Schuhe aus und setzten sich, während Sie Ihre Hooks gekonnt an den Start brachten… es war alles genau so professionel wie vorher, nur eine Spur lässiger…

Durch die, nennen wir es mal „dritte Zugabe“, dauerte der Abend fast vier Stunden. Das verlangte auch dem Letzten alles ab, egal ob auf, hinter oder vor der Bühne – setzte aber Endorphine frei 😉

Fazit: Yes, aus unserer Sicht ein Abend, der allen Spaß machte – auch der Band und Jan Delay! Andernfalls ist es kaum zu erklären, dass man weiter Tracks raushaut obwohl man dann mal wirklich alles für die Platte zusammen hatte. Immer sehr cool zu sehen, dass es noch Leute gibt, die nicht nur allein des Geldes wegen Musik machen! Wer auf die näselnde Stimme steht und dem Funk nicht abgeneigt ist, legt die (zugegeben stolzen) 35 Euro gut an. Von uns gibt es Props an Jan Delay und seine Band. Das war „Large“.

Bilder zum Konzert gibts hier!

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